Auch heuer wieder nahmen Schülerinnen und Schüler der 8. Klassen an der Philosophie Olympiade  https://www.philolympics.at/ teil.

Von unserer Schule qualifizierten sich Sophie JOCH (8a), Martin VERHOUNIK(8a) und Clemens MÜHLBACHER (8b) in einer Ausscheidung innerhalb der achten Klassen. In vier Stunden war ein philosophischer Essay zu einem von vier Themen zu schreiben. Alle Teilnehmer verfassten sehr überzeugende Essays, kreativ und scharf durchdacht.

 

Sophie JOCH belegte mit ihrem Text im steirischen Philosophie-Essay-Wettbewerb bei 42 ausgewählten Texten aus 25 teilnehmenden Schulen den hervorragenden 5. Platz, Martin Verhounik wurde 9. und auch Clemens Mühlbacher erhielt eine Urkunde für seinen engagierten Text.

Zudem verleiht die Jury jährlich einen Sonderpreis für sprachlich besonders hervorragende Essays, die durch Esprit oder Raffinesse entzücken.

Dieser Preis wurde Sophie Joch von Dr. Franz Zeder überreicht.

 

Wir gratulieren recht herzlich!!

Mag. Ulrike Ferstl

PhiloOlympiade85

PhiloOlympiade87
Dr. Franz Zeder überreicht den Sonderpreis an Sophie

 

Sophies Text zum Thema 3. „Der Terror des Gleichen erfasst heute alle Lebensbereiche. Man fährt überallhin, ohne eine Erfahrung zu machen. Man nimmt Kenntnis von allem, ohne zu einer Erkenntnis zu gelangen. Man häuft Informationen und Daten an, ohne Wissen zu erlangen. Man giert nach Erlebnissen und Erregungen, in denen man aber sich immer gleich bleibt. Man akkumuliert Friends und Follower, ohne je einem Anderen zu begegnen. Soziale Medien stellen eine absolute Schwundstufe des Sozialen dar.“ (Byung-Chul Han: Die Austreibung des Anderen. Gesellschaft, Wahrnehmung und Kommunikation heute. Frankfurt/Main, 2016, S. 9)

„Hallihallo meine Lieben und willkommen zu meinem neuen Video…“ so beginnt Bianca Heinicke alias BibisBeautyPalace ihre YouTube Videos. Follower: über 4,6 Millionen, Aufrufe: über 1,6 Milliarden. Willkommen in der Welt der YouTuber, weltweit erfolgreich, die - wie man vermutet - relativ gut verdienen (bei Bibi schätzt man auf ca. 100.000 Euro im Monat), Zielpublikum unter 30 Jahren, meist jedoch sogar unter 16. Anziehungspunkt für das Publikum: Freundschaft. Ist Bibi krank, erfahren das ihre Follower sofort und bekommen auch noch genauste Details von einem nicht endenden Halsweh und Kopfweh. Nicht nur ihre Beziehung, ihr ganzes Leben ist ein offenes Buch und somit gaukelt der Kopf der Zuseher diesen eine gewisse Verbindung mit der Person im Internet vor. Diese Verbindung würde man wahrscheinlich als virtuelle Freundschaft bezeichnen. Einseitig, wohlgemerkt. Bibi weiß nur, dass du höchstwahrscheinlich 10-16 Jahre alt bist, weiblich, und somit mitten in der Pubertät steckst, dein wahres Ich ist ihrem Management komplett egal. Die Hauptsache ist, dass du ihre Videos schaust, bitte vor allem die mit nicht gekennzeichneten Produktplatzierungen, damit das Management und auch Bibi eine schöne Summe kassieren können, wenn du die Verkaufszahlen steigerst.

Abzocke?

Jein. Ich heiße Sie willkommen in der Welt der sozialen Medien, wobei „sozial“, laut Duden-Definition „dem Gemeinwohl, der Allgemeinheit dienend; die menschlichen Beziehungen in der Gemeinschaft regelnd und fördernd und den [wirtschaftlich] Schwächeren schützend“, mit diesem Prinzip wohl wenig zu tun hat.

Diese Welt hat ihre eigenen Regeln und Prinzipien. Schaut man nur auf Instagram, herrscht der Terror. Psychischer Terror. Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat das tollste Instagram-Profil im Land? Das wird aus folgenden Fragen evaluiert: Wer kann sich besser in Szene setzen? Wer hat die meisten Orte in seinem Leben besucht? Wer hat die teuersten Kleider? Wer hat die besten Momentaufnahmen? Wer hat die besten Stories? Wer kann am meisten akrobatische Kunststücke? Wer macht das beste Leben und die beste Beziehung vor? Wer postet am meisten Fotos? Wer folgt jedem Modetrend? Wer ist am besten geschminkt? Wer ist „cool“? und noch viele mehr. Nicht zu vergessen sind natürlich die „Freunde“, die einem Bestätigung für jedes „tolle“ gepostete Foto geben. Typische Kommentare: „I love youuuuuu“, „Beauty“, etc., hinzufügen muss man bitte noch 1 Million rote Emoji-Herzen und ja (Achtung! Sarkasmus), die unglaublichen Zitate, mit denen viele die Fotos posten, sind noch viel tiefgründiger als die Kommentare. Bekommt man nicht solche Kommentare, schon gar nicht auch auf Englisch (Achtung! Noch mehr Sarkasmus), muss man sich sicher sein, dass man absolut keine guten Freunde hat.

Scherz beiseite, Instagram ist DIE Austauschmöglichkeit von Fotos, vor allem bei jungen Menschen. Was man dabei aber nie übersehen sollte, ist, dass ein dauerhafter Fotowettbewerb herrscht. In jeder Lebenslage, ob in der Sauna, Kreissaal, Urlaub oder Arbeit. Der soziale Druck, der dabei entsteht, erzeugt einen Prototyp Mensch. Erfolg, Schönheit und Reichtum stehen dabei absolut im Vordergrund. Man könnte sagen, dass eine Amerikanisierung der Persönlichkeit vonstattengeht. Die Menschen werden oberflächlich, zwar generell höflich, aber für die restliche Welt zeigen die meisten wenig Interesse. Gesellschaft und die Welt um sich herum und noch schlimmer: Sich auch noch über das alles Gedanken zu machen… nein, da bin ich lieber faul und schwimme mit dem Strom, mache das, was alle tun und ich werde in Frieden gelassen. Klingt vielleicht nicht neu, also dass es erst mit den sozialen Medien aufgekommen ist, diese haben die Situation aber um einiges verschärft und machen einen Menschen nicht nur 24/7 erreichbar, sondern auch angreifbar. Je weniger Angriffspunkte, desto weniger Hater. Also Stromschwimmen.

Der soziale Druck ist folglich psychischer Terror. Ich MUSS mitziehen, sonst werde ich von meiner eigenen Gesellschaft nicht mehr akzeptiert oder gar ausgeschlossen. Kein Wunder, dass gerade Jugendliche da sehr oft mitmachen, weil sie noch gar nicht den Charakter besitzen, dem Ganzen zu widerstehen. Einmal im System gefangen, ist es eine Sucht wie die nach Nikotin, in diesem Fall eben nach Likes und der virtuellen Freundschaft. Aussteigen? Fehlanzeige. Viele Erwachsene kennen das Problem nicht und schon gar nicht die Online-Profile ihrer Kinder, haben zusätzlich keinen blassen Schimmer wie das alles funktioniert und die Kinder werden folglich alleine gelassen. Ohne kritisches Hinterfragen oder negative Erfahrungen bindet sich das soziale Netz immer enger an die Person.

Soziale Medien lassen das wahre Soziale im Sinne von hilfsbereit wahrlich alt aussehen. Und auch die interpersonelle Kommunikation im Café.

Aber zurück zur Amerikanisierung. Diese Persönlichkeitsveränderung betrifft so viele unserer Lebensbereiche, ohne dass wir es überhaupt bemerken. Es geht nicht mehr um „wie fühle ich mich in einem Moment“, sondern um „welches Gefühl täusche ich auf Fotos vor“. Wichtig ist die Selbstvermarktung in diesem System. Wieso sollte ich also etwas lernen bis auf mich in Szene zu setzen, wenn Google sowieso alles weiß? Wir alle häufen Fotos an, die wir auf Grund der Menge sowieso nie wieder betrachten können. Lebenseinstellung der Jungen: Es wird schon wer richten. Auf gut Österreichisch: Wurschtigkeit. Freude ist sowieso nicht mehr existierend, weil die ist höchstens oberflächlich und wird zum Marketing verwendet. Bibis Beispiel zeigt: Sie selbst ist die Marke, die die jungen Personen nachahmen sollen. Vermarktet, um für sich mehr Gewinn zu machen, natürlich von einem Management. Egoismus. Wer rettet die verrückte Menschheit?

Der Pabst auf Twitter. Ist übrigens seit 2013 dort vertreten. Also ganz schön modern. Oder unser Ex-Kanzler Kern fußballspielend im Büro, das Foto wurde auf Facebook gepostet. Oder doch der twitternde Trump?

Da ist es also kein Wunder, dass wir keine Zeit mehr für soziale Beziehungen im echten Leben haben, vor lauten Trump-Tweets, die darauf warten, gelesen zu werden. Meint man zumindest, weil so lesenswert sind die meisten dann doch wieder nicht. Außerdem: YouTuber sind doch viel bessere Freunde, mit denen man sich auch nicht streiten kann. Hat man nie einen wahren Freund gehabt, wird man ihn auch nicht vermissen. Der Gesellschaft aber wird die neue soziale Ordnung sehr wohl schmerzen.

Abzocke ist in dem System der sozialen Medien also wohl der Verlust der Persönlichkeit neben dem Verschwinden der persönlichen sozialen „echten“ Beziehungen. Jeder sagt, dass er etwas Besonderes ist, aber in Endeffekt ist er wohl das gleiche Möchtegern-von-allen-geliebt-Sternchen wie jeder andere. Ein fairer Preis für den Online-Account?

Sophie Joch, 8a

 

 

 

   
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